Unfall – Blechschaden! was tun?

Wiederbeschaffungswert-Reparaturaufwand – 130% Rechtsprechung

Im Schadensfall schuldet der Schädiger die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Dabei kann die Wiederherstellung auf zwei unterschiedlichen Wegen erfolgen – entweder durch Reparatur der beschädigten Sache oder durch Beschaffung eines Ersatzes für den beschädigten Gegenstand. Aber wer gibt dem Schädiger schon gerne den beschädigten Gegenstand wieder in die Hand, um den Schaden wieder gut zu machen – regelmäßig wird der Schädiger daher nur den Geldbetrag zu zahlen haben, der erforderlich ist, die notwendige Reparatur anderweitig durchführen zu lassen oder einen anderen Gegenstand anzuschaffen.

Ob der Geschädigte die Kosten für einen Ersatzgegenstand oder die Kosten der Instandsetzung erhält, kann der Geschädigte allerdings nicht schrankenlos selber entscheiden. Im Schadenersatzrecht wird dem Geschädigten im Grundsatz lediglich der günstigste Weg der Wiederherstellung ersetzt. Es muss hierfür in einem ersten Schritt ermittelt werden, welche Kosten die Reparatur verursacht und welcher Minderwert trotz Reparatur verbleibt (sog. merkantiler Minderwert). Dem so errechneten Betrag sind die Kosten für die Beschaffung eines anderen vergleichbaren Fahrzeugs (sog. Wiederbeschaffungswert) unter Abzug des Wertes des Unfallwracks (sog. Restwert) – den der Geschädigte durch Verkauf realisieren kann – gegenüber zu stellen. Beide Werte (Reparaturaufwand und Wiederbeschaffungsaufwand) sind sodann zu vergleichen – der Schädiger muss regelmäßig nur den niedrigeren Betrag ersetzen.

Jedoch keine Regel ohne Ausnahme – Sind die Kosten der Ersatzbeschaffung niedriger als der Reparaturaufwand, bewegen sich die kalkulierten Reparaturkosten jedoch noch im Rahmen des Wiederbeschaffungswertes (also dem Wert des Pkws ohne Berücksichtigung seines Restwerts im beschädigten Zustand), können auch die (höheren) Reparaturkosten beansprucht werden, wenn der Wagen tatsächlich wieder repariert wird. Als Reparatur, die die Übernahme der höheren Instandsetzungskosten rechtfertigt, werden hierbei sowohl die vollständige fachgerechte Reparatur nach Maßgabe eines Sachverständigengutachtens, also auch die Teilreparatur zur Wiedererlangung der Verkehrstauglichkeit des beschädigten Wagens bei Weiternutzung des reparierten Pkws über zumindest 6 weitere Monate akzeptiert.

Liegen die kalkulierten Reparaturkosten selbst über dem Wiederbeschaffungswert des verunfallten Wagens, können die Instandsetzungskosten auch dann noch vom Schädiger geltend gemacht werden, wenn sich die Reparaturkosten im Rahmen von 130% des Wiederbeschaffungswertes bewegen und der Pkw nach Maßgabe eines vorliegenden Sachverständigengutachtens vollständig (!), fachgerecht repariert wurde und zumindest 6 Monate vom Geschädigten weitergenutzt wird.

Leider werden die hohen Anforderungen an die Qualität der Reparatur in dem vorbeschriebenen 130% Rahmen regelmäßig unterschätzt. Der Ausnahmecharakter des Privilegs auch über den Wert des Fahrzeugs Reparaturkosten zu investieren, wird nicht gesehen: Das Fahrzeug wird nur teilweise repariert; vom Gutachter vorgegebene Ersatzteile werden ersetzt oder weggelassen, Arbeiten in Eigenregie unter Inkaufnahme von Abstrichen bei der fachgerechten Ausführung erbracht – möglicherweise auch in dem Bestreben, die tatsächlichen Reparaturkosten erst unter die magische Grenze von 130% zu bringen. Das Ergebnis ist dann leidlich befriedigend – die investierten Reparaturkosten werden nicht erstattet, es bleibt bei einer Abrechnung des Schadensfalles auf der Basis eines wirtschaftlichen Totalschadens. Dies musste zuletzt abermals ein Geschädigter feststellen, der beim BGH mit seiner Klage auf Ersatz der weitergehenden Reparaturkosten scheiterte – die vom Geschädigten aufgewandten Reparaturkosten lagen gerade noch unter der 130%-Grenze der Rechtsprechung. Leider hatte der Geschädigte – wohl um Kosten zu sparen – auf das Anbringen von Zierleisten verzichtet. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes war die Reparatur damit nicht vollständig! Die Vorgaben des Sachverständigengutachtens, auf dessen Grundlage die Kosten zunächst kalkuliert wurden, waren ohne Zierleisten nicht eingehalten, damit bestand lediglich ein Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwandes.

Auch Blechschäden bergen ihre Risiken! Haben Sie einen Blick darauf oder besser – lassen Sie uns einen Blick riskieren.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

Autokauf-Gewährleistung

Ärger mit dem Gebrauchtwagenkauf: Nicht jeder Wagen der eine TÜV Plakette trägt, verdient auch eine …

Fehlt die Verkehrssicherheit trotz frisch erteilter TÜV Plakette, so rechtfertigt dies zumindest bei einem Wagenkauf mit der Angabe „TÜV neu“ den sofortigen Rücktritt vom Kaufvertrag.

So zumindest des Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 15.04.2015 – VIII ZR 80/14. Zum zugrundeliegenden Fall – die Klägerin hatte Anfang August 2012 von dem Beklagten, einen Autohändler, einen 13 Jahre alten Pkw erworben. Der Wagen hatte am Tage des Kaufes – wie vom Händler zugesagt und im Kaufvertrag angegeben „HU neu“ – die Hauptuntersuchung „erfolgreich“ durchlaufen und eine TÜV Plakette erhalten.

Bereits am Tag nach der Übernahme des Fahrzeugs fiel der Motor mehrfach aus. Die Klägerin stellte den Pkw in einer Werkstatt vor, dort wurde u.a. eine die Verkehrssicherheit beeinträchtigende Korrosion der Bremsleitungen festgestellt. Unter Hinweis auf die festgestellten Mängel erklärte die Klägerin zum Ende des Monats August die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und hilfsweise den sofortigen Rücktritt vom Kaufvertrag. Sie verlangte den Kaufpreis zurück, was der Händler unter Hinweis, auf die ihm vorab nicht gegebene Möglichkeit zur Beseitigung der Mängel zunächst verweigerte. Zu Unrecht wie die Instanz-Gerichte feststellten und der Bundesgerichtshof nun bestätigte. Unabhängig von der Frage, ob tatsächlich eine arglistige Täuschung des Händlers vorlag, war der Wagen jedenfalls mangelhaft. Entgegen der vereinbarten Beschaffenheit „HU neu“ befand sich der Pkw aufgrund der Korrosionserscheinung gerade nicht in einem Zustand, der die Erteilung einer TÜV-Plakette am Tag des Kaufvertrags rechtfertigte. Dem Autohändler musste die Klägerin vor der Rücktrittserklärung keine Möglichkeit zur Beseitigung der Mängel geben. Angesichts der Sachverhaltsumstände durfte die Klägerin erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit und Fachkompetenz des Gebrauchtwagenhändlers entwickeln.

Augen auf beim Autokauf!

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht Bocholt

Verkehrsrecht: Schmerzensgeld

…. nach dem Tod eines nahen Angehörigen – sog. Schockschäden

Die Nachricht vom Tod eines nahen Angehörigen trifft die Hinterbliebenen zumeist schwer. Nicht selten gerät die Welt völlig aus den Fugen. Auch wenn der Täter bei fremdverschuldeten Tötungen letztlich durch sein Tun die regelmäßig eintretende Schock- und Trauerreaktion der Hinterbliebenen auslöst, wird den Angehörigen des Opfers bislang nur unter sehr engen Voraussetzungen ein eigener Schmerzensgeldanspruch gegen den Täter zugebilligt. Die Hinterbliebenen gelten zunächst als allenfalls mittelbar – durch den Tod und die Nachricht von diesem – Geschädigte. Ein eigener Schmerzensgeldanspruch besteht nur dann, wenn bei den Hinterbliebenen aufgrund der Nachricht eine Gesundheitsverletzung eintritt. Dabei reichen allein Trauer, Schmerz und Niedergeschlagenheit nicht zur Annahme einer Gesundheitsverletzung aus. Es müssen vielmehr Beeinträchtigungen gegeben sein, die über das „normale Maß“ der Beeinträchtigung hinausgehen, denen nahe Angehörige bei Todesnachrichten erfahrungsgemäß ausgesetzt sind. Erforderlich ist eine medizinisch objektivierbare traumatische Beeinträchtigung der physischen und psychischen Gesundheit, der Krankheitswert zukommt. Hinzukommen muss regelmäßig ein besonderer Zurechnungszusammenhang, wie ein unmittelbares Miterleben des Unfalls bzw. des Unfalltodes.
Zu den Voraussetzungen des „Angehörigenschmerzensgeldanspruches“ hat sich im Januar 2015 nochmals der Bundesgerichtshof geäußert (Urteil v. 27.01.2015, Az. VI ZR 548/12). Der Entscheidung lag ein Verkehrsunfall zugrunde: Der Kläger und seine Ehefrau waren auf ihren Motorrädern unterwegs als ein alkoholisierter Fahrer mit seinem Pkw in den Gegenverkehr geriet. Während der Kläger einer Kollision entging, erfasste der Pkw Fahrer die nachfolgende Ehefrau auf ihrem Motorrad und fügte ihr tödliche Verletzungen zu. Der Kläger klagte nach dem Unfall über Angstzustände, Schweißausbrüchen und Zittern im Straßenverkehr. Seine Tätigkeit als Berufskraftfahrer musste er schließlich aufgeben. Auf Anraten seiner Ärzte gab er zudem die Ehewohnung auf, um den Unfall besser verarbeiten zu können. Außergerichtlich zahlte der Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 €. Mit seiner nachfolgend erhobenen Klage begehrte der Kläger die Zahlung eines höheren Schmerzensgeldes. Sowohl in der ersten, als auch in der zweiten Instanz scheiterte die Klage jedoch. Nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts waren bestehende Schmerzensgeldansprüche mit der außergerichtlichen Zahlung von 4.000,00 € vollständig erfüllt worden. Das Berufungsgericht konnte eine notwendige Gesundheitsverletzung des Klägers nicht feststellen: Über normale Trauerreaktionen sei eine Gesundheitsverletzung des Klägers nicht eingetreten. Dies sah der Bundesgerichtshof anders: Die Beeinträchtigungen des Klägers wären über das normale Maß deutlich hinausgegangen. Zudem sei zu berücksichtigten, dass der Kläger den Tod seiner Ehefrau unmittelbar – optisch und akustisch – miterlebt habe. In solchen Konstellationen könne regelmäßig ein Schmerzensgeldanspruch angenommen werden.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht, Bocholt