Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben
Die Möglichkeit, ein Rechtsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, also fristlos, zu beenden, ist für jede Vertragspartei unabdingbar. Niemand soll an einem Rechtsverhältnis festgehalten werden, dessen Fortsetzung bis zum regulären Ende ihm objektiv unzumutbar ist.
Die außerordentliche Kündigung ist als Notbremse zu verstehen, die erst zulässig ist, wenn andere Mittel zur Beseitigung von Mißständen keinen Erfolg mehr versprechen. Liegen die Voraussetzungen für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung vor, muss schnell reagiert werden: es wäre widersprüchlich, wenn der Vertragspartner die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Rechtsverhältnisses behauptet, aber nicht zeitnah auf die Unzumutbarkeit reagiert, sondern sich die „unhalltbaren Zustände“ über längere Zeit ansieht. Je länger die mögliche Reaktion ausbleibt, desto weniger plausibel erscheint die Unzumutbarkeit der Situation. § 314 Abs. 3 BGB bestimmt daher grundsätzlich, dass der (Kündigungs-)Berechtigte nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen kann, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.
In einzelnen Bereichen gibt das Gesetz über diese allgemeine Bestimmung eine konkrete Frist für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung vor. So hat im Arbeitsrecht die fristlose Kündigung innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Kenntnis der Gründe, die die Kündigung tragen, zu erfolgen. Nach Ablauf der Frist ist die Kündigung jedenfalls als fristlose Kündigung nicht mehr zu begründen.
Im Mietrecht fehlt eine ausdrückliche Frist für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung. Wie lange ich mit dem Ausspruch einer Kündigung warten kann, obwohl die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung gegeben sind, konkretisiert möglicherweise der Bundesgerichtshof in den nächsten Wochen, Dem Bundesgerichtshof liegt derzeit ein Fall zur Entscheidung vor, bei dem der Mieter die Mieten für die Monate Februar und April 2013 nicht zahlte. Bei einem Mietrückstand in Höhe von 2 Monatsmieten ist die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ohne Weiteres möglich. Der Vermieter wartete jedoch zunächst einige Monate, bevor er dann letztlich im August 2013 die fristlose Kündigung erklärte. Das mit dem Verfahren zunächst betraute Amtsgericht sah keine Probleme, der Räumungsklage des Vermieters statt zu geben. Anders die Berufungsinstanz: das Landgericht hob das Klage stattgebende Urteil auf und wies die Klage des Vermieters ab. Der Vermieter habe sein Kündigungsrecht verwirkt. Die Kündigung sei zu spät erklärt!
Verhandlungstermin vor dem Bundesgerichtshof ist auf den 13.07.2016 bestimmt! Ich werde berichten.
Aber bereits heute die Mahnung an Vermieter, schnell auf Mietrückstände zu reagieren. Umgekehrt heißt es für Mieter beim Ausspruch einer fristlosen Kündigung, die Hoffnung nicht zu schnell sinken zu lassen.
Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeits- und Verkehrsrecht, Bocholt