Trennungsunterhalt

Kleine Einführung in das Unterhaltsrecht

Als erste Orientierung für den „Ernstfall“, werden wir in den nächsten Wochen einige Grundbegriffe des Unterhaltsrechts näher erläutern.

Aus der mit der Eheschließung begründeten Lebens- und Verantwortungsgemeinschaft folgen wechselseitige Unterhaltspflichten der Ehegatten. Diese unterteilen sich – abhängig vom Status der Ehe – in

den Familienunterhalt, den Trennungsunterhalt und den nachehelichen Unterhalt.

Die drei Unterhaltstatbestände unterscheiden sich hierbei nicht nur im Inhalt der Unterhaltspflicht, sondern vor allem in den Voraussetzungen sowie im Bezugsrahmen für die gegebenen Unterstützungspflichten.

Teil 1 – Familien- und Trennungsunterhalt

So wird Familienunterhalt von der Heirat bis zur Trennung der Ehegatten geschuldet. Er ist anders als der Trennungs- und nachehelichen Unterhalt nicht auf eine laufende Geldzahlung gerichtet und setzt anders als die übrigen Unterhaltstatbestände keine Bedürftigkeit, also Mittellosigkeit, des anderen Ehegatten voraus. Konzipiert ist der Anspruch vielmehr als gegenseitige umfassende Verpflichtung der Ehegatten durch ihre Arbeit oder ihr Vermögen alles das auf- und einzubringen, was beide Ehegatten nach ihren gemeinsamen Planungen zur Deckung der Haushaltskosten, des Lebensbedarfs ihrer gemeinsamen Kinder sowie der persönlichen Bedürfnisse benötigen.

Ab der Trennung der Ehegatten, die unter engen Voraussetzungen auch innerhalb der Ehewohnung erfolgen kann, bis zur rechtskräftigen Scheidung der Ehe schuldet der leistungsfähige Ehegatte dem auf Unterstützung angewiesenen, bedürftigem Ehegatten Trennungsunterhalt. Der Unterhaltsanspruch ist auf eine monatlich im Voraus zu leistende Geldzahlung gerichtet, bei deren Bemessung die bisherigen ehelichen Lebensverhältnisse zugrunde gelegt werden. Maßgebend ist also der Lebensstandard der Beteiligten aus der Zeit ihres Zusammenlebens. Dieser Lebensstandard soll möglichst auch in der Trennungszeit für beide Partner aufrechterhalten bleiben. Gerechtfertigt wird dies trotz der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft aus der Überlegung, dass das Ende der Ehe auch bei einer Trennung noch nicht abschließend feststeht, Versöhnungsmöglichkeiten bestehen bzw. nicht behindert werden sollen. Die mit der Ehe ursprünglich übernommene wechselseitige Verantwortung der Ehegatten wirkt in dieser Phase, anders als nach der Scheidung, noch stark fort. Dies gilt insb. im ersten Trennungsjahr: So ist, sofern keine lediglich kurze Ehe in Rede steht, z.B. der in der Ehe nicht vollerwerbsfähige Ehegatte hier regelmäßig nicht verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder eine bestehende Erwerbstätigkeit auszubauen, um sich damit selbst versorgen zu können. Nur in Sondersituationen trifft den Ehegatten eine Erwerbsobliegenheit.

Die konkrete Höhe des Unterhaltsanspruchs wird grundsätzlich mit Hilfe des sog. Halbteilungsgrundsatz ermittelt: Da beide Ehegatten am ehelichen Standard in gleicher Weise teilnehmen, ist jedem bei der Aufteilung des Einkommens Hälfte des insgesamt vorhandenen, verteilungsfähigen Einkommens zuzubilligen. Dem erwerbstätigen Ehegatten wird allerdings in Bezug auf sein Erwerbseinkommen ein sog. Erwerbstätigenbonus von 1/7 gewährt. Ist also nur einer der Ehegatten berufstätig, wird zur Unterhaltsberechnung zunächst das um Verbindlichkeiten bereinigte Einkommen beider Ehegatten ermittelt und sodann gegenübergestellt. Aus dem Differenzbetrag erhält der weniger verdienende Ehegatte grundsätzlich einen Anteil von 3/7.

Die Aufteilung des von den Ehegatten erzielten Einkommens erfolgt allerdings nicht unbeschränkt. Auch bei der Pflicht zur Unterhaltszahlung gibt es eine „Opfergrenze“: Dem Unterhaltsschuldner muss in jedem Fall ein Betrag verbleiben, mit dem er seinen eigenen Lebensbedarf decken kann. Dieser sog. Selbstbehalt liegt bei einem Erwerbstätigen aktuell bei 1.200,00 €. Liegt das Einkommen unter diesem Betrag wird Unterhalt mangels Leistungsfähigkeit nicht geschuldet.

Auch beim Erreichen des Selbstbehaltes sind Unterhaltsansprüche dann ausgeschlossen bzw. beschränkt, wenn vorrangige Unterhaltsverpflichtungen bestehen. So geht der Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder dem Anspruch des Ehegatten auf Trennungsunterhalt vor.

Wer der Ehegatten als erster aus der Ehe ausschert, spielt für die Frage des Unterhaltsanspruchs dagegen grundsätzlich keine Rolle. Auch der Ehegatte, von dem die Trennung ausgeht, kann daher bei Bedürftigkeit Unterhaltsansprüche geltend machen.

Unterhaltszahlungen können nur für die Zukunft beansprucht werden. Zur Sicherung der eigenen Ansprüche ist es daher wichtig, ausdrücklich Unterhaltszahlungen gegenüber dem Ehegatten geltend zu machen. Um im Streitfall die Anforderung und deren Zeitpunkt belegen zu können, sollte Unterhaltszahlungen schriftlich geltend gemacht werden.

Trennungsunterhalt wird nur bis zur Rechtskraft der Scheidung geschuldet. Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte seinen Anspruch auf Trennungsunterhalt vorab durch einen gerichtlichen Beschluss titulieren lassen, so verliert dieser Unterhaltstitel mit der Rechtskraft der Scheidung seine Wirkung. Auf dieser Grundlage können weitere Zahlungen vom geschiedenen Ehegatten nicht geltend gemacht und durchgesetzt werden. Nach der Scheidung besteht unter engen Voraussetzungen ein Anspruch auf nachehelicher Unterhalt, der nach der Scheidung gesondert verfolgt werden muss.

Um das Bestehen von Unterhaltsansprüchen überhaupt prüfen zu können, haben die Ehegatten einen Anspruch auf Auskunft über die Einkommenssituation ihres Ehegatten und einen Beleganspruch. Wird die Auskunft nicht erteilt oder nicht vollständig erteilt, kann die Offenlegungspflicht auch gerichtlich durchgesetzt werden.

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt hat nach den gesetzlichen Bestimmungen einen besonderen Stellenwert: Anders als auf nachehelichen Unterhalt kann auf den Trennungsunterhalt bzw. auf die Geltendmachung von Familien- und Trennungsunterhalt genauso wenig wie auf die Geltendmachung von Familienunterhalt nicht wirksam verzichtet werden. Auch im Rahmen eines Ehevertrages ist ein solcher Verzicht nicht möglich. Ein gleichwohl von einem Ehegatten erklärter Verzicht hindert diesen daher nicht, dennoch Unterhalt zu beanspruchen.

Für Detailsfragen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Rolf Schwarz, Fachanwalt für Familienrecht zur Verfügung.

Unterhalt

– das ändert sich zum 01.01.2017!

Das Jahr beginnt mit wesentlichen Änderungen im Unterhaltsrecht. Es ändert sich auf ein Neues die Bezugsgröße für die Berechnung von Unterhaltsansprüchen. Die Düsseldorfer Tabelle wird zum 01.01.2017 aktualisiert und wartet nun mit höheren Unterhaltsbeträgen für unterhaltsberechtigte Kinder auf. In der niederigsten Einkommensstufe steigt so der Unterhaltsbedarfsbetrag für Kinder bis zum 5. Lebensjahr um 7 Euro von 335 € auf 342 €, für Kinder vom 6. bis zum 11. Lebensjahr um 9 € von 384 € auf 393 €.
Bei Kindern vom 12. bis zum 17. Lebensjahr wird der Unterhaltsbedarfsbetrag um 10 € von 450 € auf 460 €, bei volljährigen Kindern um 11 € von 516 € auf 527 € angehoben.

Die Beträge für die höheren Einkommensgruppen steigen entsprechend an.

In diesem Zusammenhang machen wir vorsorglich noch einmal darauf aufmerksam, dass sich die Unterhaltshöhe nicht nur bei Anpassungen der Düsseldorfer Tabelle verändert, auch zwischenzeitliche Einkommenssteigerungen des Unterhaltspflichtigen können zu maßgebenden Veränderungen führen. Um solche Veränderungen „nachhalten“ zu können, gibt das Gesetz dem Unterhaltsberechtigten zumindest alle zwei Jahre einen (auch gerichtlich durchsetzbaren) Auskunftsanspruch gegen den Unterhaltsverpflichteten! Auf entsprechende Aufforderung ist der Unterhaltsschuldner verpflichtet, seine Einkommens- und Vermögenssituation offenzulegen und durch geeignete Dokumente zu belegen. Auf Grundlage dieser Auskunft kann der Unterhaltsanspruch geprüft und sodann neu berechnet werden.

Bei Fragen rund um den Unterhalt, insb. bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen, bei der Überprüfung bestehender Unterhaltstitel, der Abänderung von Unterhaltstitel nach Veränderung der Grundlagen für die Unterhaltsberechnung zugunsten des Unterhaltsberechtigten/Unterhaltsverpflichteten steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Rolf Schwarz, Fachanwalt für Familienrecht zur Verfügung.

Familienrecht

Effektive Durchsetzung des Anspruchs auf Umgangskontakte oder der EGMR stärkt nochmals die Rechte von Beteiligten im familiengerichtlichen Verfahren!

Rechte zu haben, nützt nichts, wenn man diese nicht effektiv mit Hilfe staatliche Instanzen, durchsetzen kann. Nicht umsonst ist das Recht des effektiven Rechtsschutzes im Grundgesetz (Art. 19 Abs. 4 GG) verankert. Auch die Europäische Menschenrechtskonvention sichert die effektive Rechtsdurchsetzung, sie garantiert das Recht auf wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK) bei einer Verletzung der in der Konvention verbürgten Rechte. Zu diesen Rechten gehört nach Art. 8 EMRK auch die staatliche Achtung des Privat- und Familienlebens.

Wegen der Verletzung u. a. des Rechts auf Achtung des Familienlebens hat der EGMR in der zurückliegenden Woche (Entscheidung vom 15.01.2015, Rs. KUPPINGER v. GERMANY, Application no. 62198/11) einem deutschen Kläger Schadenersatz in Höhe von 15.000,00 € zugesprochen. Der Kläger hatte über fast 5 Jahre mit zahlreichen verfahrensbedingten Verzögerungen versucht, sein Recht auf Umgang mit seinem leiblichen Sohn durchzusetzen. Er und die Mutter des Kindes hatten sich kurz nach der Geburt, offensichtlich im Streit, getrennt, danach verweigerte die Kindesmutter dem Vater jeden Umgang mit dem ca. 1,5 Jahre alten gemeinsamen Sohn. Zur Durchsetzung von Umgangskontakten klagte der Vater im Frühjahr 2005. Es folgte – ganz grob zusammen gefasst – der Gang durch die Instanzen, der erst 6 Jahre später abgeschlossen werden konnte; über Monate blieben Stellungnahmen des Jugendamtes aus; Versuche, über das Jugendamt Umgangsregelungen zu vermitteln, verliefen ergebnislos bzw. brachten nur Teilerfolge; ein Sachverständiger wurde bestellt, der auch nach Monaten, auch durch die fehlende Mitwirkung der Beteiligten bedingt, kein Gutachten erstellen konnte; nachdem eine Umgangsregelung außergerichtlich zustande kam, verweigerte die Mutter deren Erfüllung. Anträge des Vaters auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurden nicht (zeitnah) beschieden; Anträge auf Verhängung von Zwangsgeldern führten erst nach Monaten zur Verhängung eines relativ geringen Strafgeldes. Im Ergebnis konnte der Vater sein Umgangsrecht in 5 Jahren nur einzelne Male überhaupt ausüben. Die tatsächliche Möglichkeit, seinen Sohn aufwachsen zu sehen, bestand damit nicht.

Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte habe das Verfahren vor deutschen Gerichten zu lange gedauert. Der Kläger habe keine effektive Möglichkeit gehabt, das Verfahren zur Wahrung seiner Rechte zu beschleunigen. Das deutsche Verfahrensrecht sei insoweit lückenhaft. Schnelle Verfahren und leicht durchsetzbare Rechtsansprüche seien gerade im Umgang mit Kindern besonders wichtig. Nur so bestände die Möglichkeit, die Entwicklung des Kindes mitzuerleben, und einer Entfremdung von Kind und Vater entgegenzuwirken. Der Gerichtshof vermisst die Möglichkeit, bei einer höheren inländischen Instanz eine sogenannte Untätigkeitsbeschwerde einzulegen, mit dem ein überlanges Verfahren gerügt werden kann.
Die letztlich gefundene Umgangsregelung habe das Gericht daneben nicht konsequent durchgesetzt und gesichert. Die Verhängung eines geringen Zwangsgeldes hätte der Mutter keinen ausreichenden Anreiz zur Einhaltung der Umgangsregelung geboten.

Durch die verfahrensrechtlichen Unzulänglichkeiten verletzte Deutschland nach den Feststellungen des Straßburger Gerichtshofes die Rechte des Klägers nach der EMRK und war daher zur Zahlung eines Schadenersatzes zu verurteilen.

Es bleibt abzuwarten, ob Deutschland den Rügen des EGMR Rechnung trägt und sein Verfahrensrecht überarbeitet. Deutsche Gerichte sind nach den Ausführungen des EGMR jedenfalls bereits jetzt aufgefordert, zukünftig besonderes Augenmerk auf die Sicherung des Rechts auf Umgang zu legen.

Wir unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer Umgangsrechte.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg