Abmahnung oder die gelbe Karte im Arbeitsrecht!
In Betrieben, die mit regelmäßig mehr als 10 Beschäftigten der Geltung des Kündigungsschutzgesetzes unterliegen, bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht nur des Vorliegens eines besonderen Kündigungsgrundes (der allerdings nicht im Kündigungsschreiben genannt werden muss). Die Kündigung darf auch nur dann ausgesprochen werden, wenn Möglichkeiten zur Lösung eines Konflikts zwischen den Arbeitsvertragsparteien nicht mehr bestehen. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses darf nur als letztes Mittel „gezogen“ werden. Gibt der Arbeitnehmer durch sein Verhalten, also durch Verstöße bzw. die Nichterfüllung arbeitsvertraglicher Vorgaben und Absprachen, Anlass zu Beanstandungen, dann ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer vorher gegebene Chancen zur Verhaltensänderung nicht genutzt hat. Um es in Fußballkategorien zu erläutern: Erst wenn gelbe Karten keine Wirkung gezeigt haben, darf die rote Karte aus der Hosentasche gezogen werden. Nur in Ausnahmefällen, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „unter Bewährung“ schlichtweg unmöglich erscheint, darf sofort zur (fristlosen) Kündigung gegriffen werden, dies ist z.B. bei strafbaren Handlungen zu Lasten des Arbeitgebers oder der Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit durch den Arbeitnehmer.
Die gelbe Karte stellt die sog. Abmahnung dar. Entsprechend ihrer Funktion erfordert eine wirksame Abmahnung durch den Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer deutlich und ernsthaft ermahnt und er aufgefordert wird, ein bestimmtes, konkret bezeichnetes Verhalten aufzugeben. Für den Wiederholungsfall sind dem Arbeitnehmer die drohenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen vor Augen zu führen.
Es müssen also
– die konkrete Pflichtverletzung, mit Ort und Zeit genau beschrieben (Allgemeinplätze und allgemeine Unmutsbekundungen à la „ich habe Ihr Verhalten satt“ „ständig kommen Sie zu spät“ genügen diesen Anforderungen nicht!!!!), gegenüber dem Arbeitnehmer beanstandet,
– die eindringliche Aufforderung zu zukünftigem vertragstreuem Verhalten – am besten mit genauer Beschreibung, was man vom Arbeitnehmer eigentlich erwartet – ausgesprochen und
– eindeutig arbeitsrechtliche Konsequenzen bis zum Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Wiederholungsfall angedroht werden.
Auf jeden Verstoß sollte ein Arbeitgeber wegen der damit bestehenden hohen formalen Anforderungen an die wirksame Abmahnung sicherheitshalber gesondert, mit einer eigenen Abmahnung reagieren.
Dabei muss die Abmahnung nicht schriftlich erteilt werden. Es reicht auch eine mündliche Abmahnung. Angesichts der bei einer nur mündlichen ausgesprochenen Abmahnung bestehenden Schwierigkeiten, diese nachzuweisen, insb. darzustellen, dass alle maßgebenden Komponenten für die Abmahnung enthalten waren, empfiehlt es sich jedoch die Abmahnung schriftlich zu erteilen. Dabei muss die Abmahnung nicht unmittelbar erteilt werden. Feste zeitliche Grenzen für den Ausspruch der Abmahnung gibt es nicht. Eine Beanstandung ernsthafter Pflichtverstöße wird man jedoch relativ zeitnah erwarten dürfen, schon weil andernfalls der Belehrungszweck nicht erreicht wird. Gibt es kein zeitnahes „so aber nicht“, dann suggeriert man im Zweifel, dass bestimmte Verhaltensweisen eben doch in Ordnung sind bzw. toleriert werden.
Wie viele Pflichtverstöße der Arbeitgeber bis zum Ausspruch der Kündigung hinnehmen muss bzw. wie viele Pflichtverstöße sich ein Arbeitnehmer leisten darf, lässt sich verbindlich nicht mitteilen. Eine Grundregel dahingehend, dass nach dem Ausspruch der dritten Abmahnung eine Kündigung berechtigt ausgesprochen werden kann, gibt es nicht! Vielmehr sind im Einzelfall die Art der Verstöße, deren Vergleichbarkeit und die zeitlichen Abstände in den Blick zu nehmen und abzuwägen.
Arbeitnehmer reagieren beim Erhalt einer Abmahnung zumeist „panisch“, entweder weil sie um die Bedeutung für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses wissen oder die erhobenen Vorwürfe für unberechtigt erachten. Vielfach besteht der Wunsch, die unberechtigt ausgesprochene Abmahnung aus der Welt zu schaffen, notfalls – was theoretisch möglich ist – auf dem Klageweg. Wir raten zumeist von einer vorzeitigen Eskalation des Arbeitsverhältnisses durch eine gerichtliche Auseinandersetzung ab. Sinnvoll erscheint eher, von seinem Recht auf Gegendarstellung (auch zur Sicherung der eigenen Erinnerung) Gebrauch zu machen. Den beanstandeten Sachverhalt aus seiner Sicht zu schildern und diese Darstellung zur Personalakte nehmen zu lassen. Einwände gegen die Abmahnung verwirkt man damit nicht. Soll eine spätere Kündigung durch die Abmahnung gerechtfertigt werden, dann wird im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens um die streitige Kündigung auch die Wirksamkeit der Abmahnung und deren Warnfunktion nochmals geprüft.
Bei Fragen rund um die Abmahnung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.