Und doch mal wieder was Neues im Arbeitsrecht, genauer Neues zur Befristung von Arbeitsverhältnisses! Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Juni 2018 sollte Arbeitnehmer und Arbeitgeber mal wieder aufhorchen lassen. Bestehende befristete Verträge sollten nochmals kritisch hinterfragt werden bzw. – aus Arbeitgebersicht – der Abschluss neuer Verträge mit einer sorgfältigen Prüfung der Verwaltung einher gehen, denn das Bundesverfassungsgericht läutet einen Rechtsprechungswechsel ein.
Worum geht es? Die Befristung von Arbeitsverträgen ist nach gesetzlichen Vorgaben in zwei Fällen zulässig: Zum einen bei Vorliegen eines sachlichen Grundes (der als solches jedoch nicht im Vertrag angegeben werden muss) – besteht prognostisch lediglich für einen begrenzten Zeitraum Bedarf an Arbeitskraft, dann darf ein Arbeitsvertrag entsprechend diesem Bedarf zeitlich befristet abgeschlossen werden. Klassische Beispiele sind die Einstellung einer Mitarbeiterin/eines Mitarbeiters als Elternzeitvertretung oder Saisonarbeiter in der Landwirtschaft. Zum anderen ist eine Befristung des Arbeitsverhältnisses auch ohne sachlichen Grund möglich, wenn eine im Regelfall geltende Höchstfrist von 2 Jahren nicht überschritten wird; bei Startups kann sogar bis zu 4 Jahren, bei älteren, vorher arbeitslosen Mitarbeitern sogar bis zu 5 Jahre befristet werden. Der Unternehmer kann das Arbeitsverhältnis in diesen Fällen risikolos bis zu 2 (4 oder 5 Jahren) Jahren „flexibel“ halten.
Die sog. sachgrundlose, reine Zeitbefristung soll nach dem Wortlaut des Gesetzes allerdings nur bei der Neubegründung von Arbeitsverhältnissen möglich sein. Vorhergehende Arbeitsverhältnisse zum Arbeitgeber schließen die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung aus; bestand bereits einmal ein Arbeitsverhältnis (befristet, unbefristet, Mini-Job oder Vollzeitbeschäftigung) zum Arbeitgeber kann nur bei Vorliegen eines Sachgrundes eine Befristung wirksam vereinbart werden. Im Gesetz heißt es „Eine [reine Zeit-} Befristung [….] ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.“
Nach bisherigen Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes sollte jedoch dennoch nicht jede Vorbeschäftigung zum neuen/alten Arbeitgeber die Befristungsmöglichkeit ausschließen. Dass Bundesarbeitsgericht zog eine zeitliche Grenze ein: danach schadeten Vorbeschäftigungen beim gleichen Arbeitgeber nicht, wenn die Vorbeschäftigung mehr als 3 Jahre zurücklag. Damit hatte der Arbeitgeber eine sichere Bezugsgröße. Mit dem Einziehen einer pauschalen 3 Jahresgrenze verstößt das Bundesarbeitsgericht allerdings nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes gegen seine Auslegungskompetenz. Für eine pauschale Grenzziehung findet sich keine gesetzliche Grundlage. Eine solche Grenzziehung werde nicht durch das in den Gesetzesmaterialien zu findende gesetzgeberische Konzept gedeckt.
Damit ist eine Befristung von Mitarbeitern, die schon mal im Unternehmen in gleicher oder ähnlicher Position tätig waren, nur noch mit Sachgrund möglich. Haben Arbeitgeber im Vertrauen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes mit „Alt-Mitarbeitern“ neue befristete Verträge geschlossen, sind diese Verträge in dieser Form nicht zu halten. Es besteht dann tatsächlich kein befristetes, sondern ein unbefristetes Arbeitsverhältnis (, das eben nicht zum eigentlich vorgesehenen Ende ausläuft!). Dies kann der Arbeitnehmer mit der sog. Entfristungsklage geltend machen. Eine solche Klage ist allerdings nur bis zum Ablauf von 3 Wochen nach dem Auslaufen des formal als befristetes Arbeitsverhältnis zulässig. Arbeitnehmer, die in den 3 Jahren vor Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages bereits einmal im Unternehmen waren, sollten ihren Vertrag daher nun noch einmal prüfen lassen.
Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht – Bocholt