Videoüberwachung

oder Detektiveinsatz im Arbeitsverhältnis … auch beim Verdacht von schwerwiegenden Verhaltensverstößen des Arbeitnehmers nicht so einfach ….

Nicht nur vor dem Hintergrund terroristischer Anschläge im eigenen Land, muss man sich wohl eingestehen, dass man doch grundsätzlich wissen möchte, was sich hinter dem eigenen Rücken und im unmittelbaren Umfeld tut, um im Fall der Fälle gewappnet zu sein. Dem Bedürfnis nach uneingeschränkter Informationssammlung sind jedoch gesetzliche Grenzen gesetzt. Dies gilt im Allgemeinen wie im Speziellen. So gibt § 32 BDSG die Grenzen für die Erhebung von personenbezogenen Daten im Arbeitsverhältnis vor. Die Vorschrift bestimmt, dass personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden dürfen, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung, für die Durchführung oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Mögliche Daten wären neben dem Namen und der Anschrift des Beschäftigten, dessen Familienstand, Unterhaltspflichten, ein bestehender Grad der Behinderung und die Kontodaten. Informationen zu Vorlieben, Hobbies, zu Freunden und zum außerdienstlichen Verhalten gehören nicht zu den erhebbaren Daten. Einen größeren, jedoch nicht unbeschränkten Zugriff auf die Daten des Mitarbeiters gewährt § 32 BDSG lediglich zur Aufdeckung von Straftaten im Beschäftigungsverhältnis. In diesem Fall dürfen weitere Daten zum Beschäftigten ermittelt und genutzt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Beschäftigte im Arbeitsverhältnis eine Straftat begangen hat. Die Datenermittlung und ihre Nutzung müssen weiter zur Aufdeckung der Straftat erforderlich sein und im Hinblick auf den Anlass nicht mit unverhältnismäßigen Eingriffen in die Rechte und die Sphäre des Arbeitnehmers einhergehen. Betroffen sind im vorstehenden Zusammenhang insb. Fälle der Videoüberwachung von Mitarbeitern oder der Einsatz von Detektiven.

Die Grenzen der Möglichkeiten zur Datenerhebung hat das Landesarbeitsgericht Württemberg (Az. 4 Sa 61/15) im Sommer einem Arbeitgeber aufgezeigt, der einem Mitarbeiter wegen des Verdachts erschlichener Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und der Mitarbeit in einem Konkurrenzunternehmen fristlos gekündigt hatte und vom Mitarbeiter die Erstattung zu Unrecht gezahlter Entgeltfortzahlungen sowie den Ersatz aufgewandter Detektivkosten verlangte. Der betroffene Mitarbeiter war mehr als 37 Jahre in der Firma für Stanzformen, Bandstahlformen tätig. Die Söhne des Beschäftigten betrieben zunächst unter der Anschrift des Mitarbeiters, sodann unter anderer Adresse eine Firma, die zumindest auch Stanzformen anboten. Im Mai 2015 erhielt der Arbeitgeber Kenntnis von einer Werbemail der Söhne seines Mitarbeiters, mit der diese einem seiner Kunden ihre Leistungen – auch unter Hinweis auf die langjährigen Kenntnisse ihres Vaters – anboten. Zum Zeitpunkt der email war der Arbeitnehmer wie auch in den Vormonaten und im Vorjahr arbeitsunfähig erkrankt. Entgeltfortzahlungen des Arbeitgebers erhielt der Mitarbeiter nicht mehr. Entsprechend informiert, beauftragte der Arbeitgeber einen Detektiv, der im Folgenden bei den Söhnen des Arbeitnehmers Stanzformen bestellte. Bei der Abholung der Waren im Betrieb arbeitete der krankgeschriebene Arbeitnehmer dort für den Detektiv erkennbar an einer Stanzform und führte den Detektiv zudem durch die Betriebsräume.

Die danach erklärte fristlose Kündigung hielt das Landesarbeitsgericht entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Arbeitsgerichts für unwirksam. Auf die durch das Detektivbüro ermittelten Daten könne sich der Arbeitgeber im Verfahren nicht berufen, die Daten seien unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 32 BDSG unzulässig erlangt und daher im Verfahren nicht verwertbar. Es läge kein Verdacht einer strafbaren Handlung im Beschäftigungsverhältnis vor, die den Detektiveinsatz hätte rechtfertigen können. Die Tätigkeit für einen Mitbewerber stelle zwar einen schwerwiegenden Verstoß gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen dar, der auch den Ausspruch einer fristlosen Kündigung begründen könnte, jedoch keine Straftat. Da der Mitarbeiter zum Zeitpunkt des Detektiveinsatzes keine Entgeltfortzahlungen mehr erhalten hatte, stelle auch eine womöglich erschlichene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung keinen Betrug zu Lasten des Arbeitgebers dar. Da der Detektiveinsatz unzulässig war, könne der Arbeitgeber auch keine Erstattung der für die Observation aufgewandten Kosten verlangen.

Nach meinem Kenntnisstand ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig. Ob das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung revidiert bleibt abzuwarten. Bei dem geschilderten Sachverhalt dürfte dem juristischen Laien das durch das Landesarbeitsgericht gefundene Ergebnis vielleicht Magenschmerzen bereiten. In jedem Fall zeigt es auf, dass Überwachungen durch den Arbeitgeber, egal ob als Videoüberwachung oder Observationen, immer kritisch hinterfragt werden sollten oder – aus Arbeitgebersicht – mit Bedacht ausgebracht werden müssen.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

Verspätete Lohnzahlung?!

…dann gibt`s nun 40,00 € extra vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer!!!

so zumindest nach – noch nicht rechtskräftiger – Auffassung des Landesarbeitsgerichts Köln (Urteil vom 22.11.2016, Az. 12 Sa 524/16). Grundlage bildet die schon seit einigen Jahren im BGB vorhandene – bislang allerdings nur stiefmütterlich behandelte – Regelung des § 288 Abs. 5 BGB, nach der ein Verbraucher von einem Unternehmer, der sich mit einer von ihm geschuldeten Zahlung in Verzug befindet, einen pauschalen Schadenersatz in Höhe von 40,00 € beanspruchen kann. Die Regelung wurde im Arbeitsrecht bisher weitenteils für unanwendbar erachtet. Hintergrund bildet eine Besonderheit des arbeitsgerichtlichen Verfahrens erster Instanz: Während bei zivilrechtlichen Verfahren die Partei, die das Verfahren verliert, der obsiegenden Partei die von dieser aufgewandten Gerichtskosten und Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten hat, kennt das arbeitsgerichtliche Verfahrensrecht keinen entsprechenden Kostenerstattungsanspruch der obsiegenden Partei. Unabhängig vom Ausgang des gerichtlichen Verfahrens in der ersten Instanz haben die Parteien ihre Rechtsanwaltsgebühren jeweils selbst zu tragen. Es gibt auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die außergerichtliche Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes, § 12a ArbGG. Da § 288 Abs. 5 BGB festschreibt, dass die erwähnte 40,00 € Pauschale auf einen möglichen Anspruch auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten anzurechnen ist, ging man bisher davon aus, dass die Regelung des ArbGG auch der Geltendmachung der Pauschale entgegensteht.

Das LAG Köln hält demgegenüber nun auch die Geltendmachung der 40,00 € bei Lohnforderungen für möglich. Mit der Nichtzahlung des Arbeitsentgeltes zum vereinbarten Leistungszeitpunkt, befindet sich der Arbeitgeber automatisch in Verzug und schuldet neben Verzugszinsen – bei entsprechender Geltendmachung – auch den pauschalen Schadenersatz. Für die Anwendbarkeit der Regelung spricht nach Auffassung des Gerichts auch der gesetzgeberische Zweck der Pauschale zusätzlichen Druck auf den Schuldner auszuüben, um diesen zu pünktlicher und vollständiger Zahlung anzuhalten.

Die Nichtzahlung des Lohns zum vereinbarten Zeitpunkt wird für Arbeitgeber nun womöglich etwas teurer und damit risikoreicher. Ob ein Betrag von 40,00 € tatsächlich geeignet ist, die vielleicht auch anderweitig überlagerte Zahlungsmoral eines Arbeitgebers zu steigern, bleibt abzuwarten.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

ARBEITSRECHT: Urlaub

Weihnachtsgeschenke schon zusammen? Silvesterplanungen angestoßen? Jahresurlaub 2016 gegen Verfall gesichert?

Same procedure as last year. Das Jahresende kommt schneller als erwartet und vor den Feiertagen sollte möglicherweise nochmal aufgeräumt werden – denn mit dem 31.12. endet nicht nur das Jahr, sondern es verfallen mit diesem auch die bis dahin nicht genommenen Urlaubsansprüche für das ablaufende Jahr. Denn: Der Jahresurlaub ist grundsätzlich im Kalenderjahr zu nehmen!!! nur ausnahmsweise ist eine Übertragung des Urlaubs ins nächste Jahr möglich. Gibt es keine vertragliche Abrede, kommt eine Übertragung der „Resturlaubsansprüche“ in das nächste Kalenderjahr, bis zum 31.03. des Folgejahres, nur dann in Betracht, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Die Übertragung setzt allerdings voraus, dass der Arbeitnehmer vorab die Urlaubsgewährung für das Kalenderjahr beantragt hat. Erst in einem zweiten Schritt ist dann zu diskutieren, ob der Urlaub noch im alten oder im nächsten Jahr genommen werden kann oder muss. Die meisten Arbeitnehmer vergessen jedoch den notwendigen vorhergehenden Urlaubsantrag beim Arbeitgeber. Da wird der Aktenberg auf dem eigenen Schreibtisch scharf beäugt und für sich entschieden, dass man gar keine Zeit für den eigentlich verdienten Urlaub hat, laufende Aufträge vorgehen oder das Jahresende für den Betrieb doch am geschäftsreichsten ist – also wird vom Urlaubsantrag Abstand genommen. Das rächt sich im Streitfall. Urlaub ist nur demjenigen zu gewähren, der Urlaubsansprüche vorab geltend macht. Wird nicht rechtzeitig ein Urlaubsantrag gestellt, fallen die noch offenen Urlaubstage schlichtweg weg. Der Arbeitgeber ist ohne jeden Urlaubsantrag nicht verpflichtet, das Zurückstellen der Urlaubsambitionen – vielleicht sogar im wohlverstandenen Interesse des Unternehmens – zu honorieren und Alturlaub entgegen der gesetzlichen Regelung doch noch im neuen Jahr zu gewähren. Ohne ausdrückliche Kommunikation sind noch offene Urlaubstage für das Jahr 2016 am 01.01.2017 wie das vergangene Jahr Geschichte. Und im Rahmen von Trennungsprozessen erinnern sich Arbeitgeber gerne wieder an die gesetzliche Grundbestimmung. Kann der Arbeitnehmer im arbeitsgerichtlichen Verfahren oder bei außergerichtlichen Trennungsgesprächen auf Nachfrage nicht mitteilen, wann man einen konkreten Urlaubsantrag beim Arbeitgeber gestellt hat, besteht auch keine Grundlage für einen Anspruch auf finanzielle Abgeltung der Urlaubstage aus den abgelaufenen Kalenderjahren. Das können durchaus erhebliche Beträge sein, die dem Arbeitnehmer aus falsch verstandener Rücksicht damit verloren gehen.

Bei dieser Gelegenheit: ein gesetzliches Verbot, in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses Urlaub zu beantragen und zu nehmen, gibt es nicht. In den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses besteht nur kein voller Jahresurlaubsanspruch, sondern lediglich ein Teilurlaubsanspruch für jeden vollen (!) Monat, in dem das Arbeitsverhältnis besteht. Um seinem Arbeitgeber, seine volle Leistungsbereitschaft zu demonstrieren, verzichten die meisten Arbeitnehmer allerdings stillschweigend auf die Inanspruchnahme von Urlaub. Auch die hier maßgebenden zumeist „sehr löblichen“ Überlegungen (sich womöglich in der Probezeit von seiner besten Seite zu zeigen), hindern den Verfall von Urlaubstagen zum Jahresende nicht, wenn kein Urlaubsantrag für das Altjahr gestellt wurde. Dem moralischen Dilemma des Arbeitnehmers hilft das Gesetz insoweit, als nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a) BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) ein lediglich bestehender Teilurlaubsanspruch auf Verlangen des Arbeitnehmers in das nächste Kalenderjahr zu übertragen ist.

Also ran an die Resturlaubstage 2016!

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht