oder warum es trotz ungekündigtem Arbeitsverhältnis Arbeitslosengeld geben kann?
Arbeitslosengeld soll Arbeitnehmer nach dem Verlust ihres bisherigen Arbeitsplatzes (zumindest für eine begrenzte Zeit) sozial absichern. Anspruch hat grundsätzlich jeder Arbeitnehmer, der nach Erfüllung einer Wartezeit arbeitslos ist und sich persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat. Nach Auffassung des Sozialgerichts Dortmund (Entscheidung vom 07.11.2016, Az. S 31 AL 84/16) setzt Arbeitslosigkeit nicht notwendigerweise die wirksame arbeitsrechtliche Auflösung des bisherigen Arbeitsvertrages voraus. Der angeführten Entscheidung des Sozialgerichts liegt der Fall einer Justizangestellten zugrunde, die sich nach längerer Arbeitsunfähigkeit und erfolgreich durchlaufener Wiedereingliederung weigerte, an ihren ursprünglichen Arbeitsplatz zurückzukehren. Die Klägerin sah sich aufgrund von Mobbings nicht an der Lage, ihren Dienst an ihrer ursprünglichen Dienststelle wieder aufzunehmen. Das Arbeitsverhältnis mit dem Land beendete die Mitarbeiterin gleichwohl – wegen des Fehlens einer Alternative – nicht. Sie bemühte sich vielmehr bei ihrem Dienstherrn vielmehr um eine (letztlich gerichtlich weiterverfolgte) Versetzung an ein anderes Amtsgericht. Während des laufenden Verfahrens wurde die Klägerin ohne Fortzahlung ihrer Bezüge freigestellt. Die Klägerin beantragte hierauf die Zahlung von Arbeitslosengeld. Während die Agentur für Arbeit unter Hinweis auf das ungekündigte Arbeitsverhältnis eine Beschäftigungslosigkeit als notwendige Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld verweigerte, bejahte das Sozialgericht den Arbeitslosengeldanspruch. Nach Auffassung des Sozialgerichts reiche für die Arbeitslosigkeit eine faktische Beschäftigungslosigkeit. Diese Beschäftigungslosigkeit ergäbe sich aus der Weigerung der Klägerin, das Direktionsrecht ihres Dienstherrn anzuerkennen und sich nicht an ihrem ursprünglichen Arbeitsplatz einsetzen zu lassen; damit habe die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis faktisch beendet.
Leider lässt sich der Mitteilung des Gerichts nicht entnehmen, inwieweit der Vorwurf des Mobbings ggfls. auch durch medizinische Unterlagen und Atteste belegt war. Denn die „Eigenkündigung“ (hier wohl die eigenmächtige Beendigung des Beschäftigungsverhältnis) des Arbeitnehmers rechtfertigt regelmäßig die Verhängung einer Sperre beim Bezug von Arbeitslosengeld. Eine Eigenkündigung gefährdet nur dann nicht den uneingeschränkten Bezug von Arbeitslosengeld, wenn die Kündigung durch wichtige Gründe bedingt ist. Als wichtige Gründe kommen auch gesundheitliche Gründe in Betracht, die bloße Behauptung, man wäre Opfer des Mobbings der Kollegen, reicht hierfür grundsätzlich nicht aus.
Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht