Unfall und Schleudertrauma

Im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall immer wieder heiß mit Versicherern diskutiert: die Frage der Zuerkennung von Schmerzensgeldansprüchen beim Vorliegen eines Schleudertrauma/HWS-Trauma. Ausgangspunkt des Problems – das leichte HWS-Trauma, um das es bei „normalen“ Verkehrsunfällen, regelmäßig geht, ist nicht objektivierbar feststellbar: Röntgenaufnahmen, MRT-Aufnahmen etc. können tatsächlich keinen Beleg für entsprechende Verletzungen liefern. Der Befund des behandelnden Arztes „HWS-Trauma“ basiert letztlich allein auf den subjektiv geäußerten Beschwerden des Geschädigten – bei ungeschickten Ärzten steht das auch gerne so mal im Attest „Patient klagt nach Verkehrsunfall über Beschwerden im …“. Allein das Attest des Hausarztes ist damit nicht ausreichend, um den dem Geschädigten obliegenden Nachweis einer durch den Unfall erlittenen Verletzung, zu führen. Es sind zur „Plausibilisierung“ des unfallbedingten Schleudertraumas vielmehr die genaue Unfallkonstellation (Heck-, Front – oder Seitenkollision), die Kollisionsgeschwindigkeit und damit die Kräfte, die auf den Körper gewirkt haben (hier können ggfls. die Fahrzeugschäden und deren Umfang erste Auskunft geben), die Sitzposition, der konkrete Ablauf der Kollision im Inneren sowie mögliche körperliche Eigenheiten des Geschädigten (bestehende Vorschäden) zu berücksichtigen.

Im gerichtlichen Verfahren wird es bei Bestreiten der Verletzung durch den Versicherer („Verspannungen im Bereich der Halswirbelsäule findet sich bei jedem Bundesbürger unfallunabhängig“ – allein das zeitnahe Auftreten von entsprechenden Beschwerden im Zusammenhang mit dem Unfall belegt nicht die Unfallbedingtheit) der Einholung eines interdisziplinären Gutachtens (zusammengesetzt aus einem biomechanischen Gutachten, das die auf den Körper wirkenden Kräfte untersucht, sowie eines nachfolgenden medizinischen Gutachtens) bedürfen, um seine Ansprüche durchzusetzen. Entsprechende Gutachten brauchen jedoch nicht nur geraume Zeit, bis sie überhaupt vorliegen, sie sind auch mit erheblichen Kosten verbunden (die von Gerichten in diesem Bereich angeforderte Vorschüsse liegen regelmäßig bei 3.500,00 € + X) – und der Geschädigte muss die Kosten vorschießen. Steht nicht gerade eine Rechtsschutzversicherung zur Verfügung, ein wirtschaftlich nicht rentables Unterfangen; der Geschädigte zieht unabhängig vom Ausgang des Gutachtens meistens den Kürzeren: verneint das Gutachten das Vorliegen eines unfallbedingten Schleudertraumas trägt der Geschädigte die Kosten des Gutachtens und regelmäßig des Gesamtverfahrens komplett; bejaht es eine entsprechende Verletzung sind die ausgeurteilten Schmerzensgeldansprüche meistens im Vergleich zum geltend gemachten Anspruch gering und werden durch eine quotale Beteiligung an den Verfahrenskosten aufgefressen.

Es empfiehlt sich daher bereits bei der außergerichtlichen Anmeldung der Ansprüche ein geschicktes Vorgehen und ein sauberer Vortrag – nur so wird die Grundlage für erfolgreiche Verhandlungen und Gespräche mit den Versicherern geschaffen…

PS: So wenig wie der Satz stimmt, dass man immer mit dem Versicherer über ein Schmerzensgeld bei HWS-Verletzungen reden kann, so wenig greift der umgekehrte Hinweis, dass bei geringen Kollisionsgeschwindigkeiten immer ein Schleudertrauma zu verneinen ist! die sog. Harmlosigkeitsschwelle gibt es nicht!

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

 

Ehegatten-Haftung

„In guten wie in schlechten Zeit“ … Manch einer verbindet damit auch in finanzieller Hinsicht die Begründung einer Haftungsgemeinschaft. Ehegatten haften allerdings nicht allein und nicht automatisch durch die Eheschließung für Verbindlichkeiten ihres Partners! Mit der Heirat werden die jeweils bestehenden Vermögensmassen gerade nicht „zusammengeschmissen“; ganz im Gegenteil: der gesetzliche Güterstand der sog. Zugewinngemeinschaft, der mit der Eheschließung gilt, wenn die Ehegatten keine andere Wahl treffen und notariell festschreiben lassen, trennt die Vermögensmassen der Ehegatten. Begründen die Ehegatten während der Ehe nicht bewusst gemeinsames Vermögen, z.B. durch den Erwerb einer Immobilie zum gemeinsamen Eigentum, entwickeln sich die Vermögen der Ehegatten nach der Heirat völlig unabhängig voneinander, ggfls. auch in unterschiedliche Richtungen. Aus den von einem Partner in eigenem Namen geschlossenen Geschäften wird der andere Ehegatte nicht berechtigt, aber auch nicht verpflichtet. Kann der Ehepartner den von ihm alleine geschlossenen Vertrag nicht erfüllen, ist das zunächst sein „ganz eigenes Problem“, sein Ehegatte muss weder sein Portemonnaie öffnen, um die Forderungen des Gläubigers zu befriedigen, noch die Zwangsvollstreckung durch den Gläubiger seines Partners befürchten. Etwas anderes gilt bei Geschäften, die die Eheleute gemeinsam abschließen, oder Geschäfte, für die der Ehegatte Bürgschaftserklärungen abgegeben hat. Hier übernehmen beide Ehepartner eigene Verbindlichkeiten. Fällt der Partner in diesen Konstellationen aus, so haftet der andere – nicht für seinen Ehegatten, sondern aus einem selbst abgeschlossenen Geschäft.


Das gemeinsame Wirtschaften in der Ehe wird erst am Ende einer Ehe, im Fall der Scheidung, verwirklicht. Hier wird bilanziert: die Entwicklung der Vermögensmassen der beiden Partner werden untersucht: für beide Ehegatten wird der Vermögensbestand am Anfang der Ehe und am Ende der Ehe – zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages – ermittelt und die während der Ehe erwirtschafteten Zugewinne gegenüber gestellt. Der Ehegatte, der den größeren Zugewinn erwirtschaftet hat, hat die Differenz zwischen den Zuwächsen auszugleichen. Einzelne Vermögenszugewinne in der Ehe sind hierbei privilegiert, an ihnen partizipiert der Ehegatte nur teilweise. Gemeinsam abgeschlossene Verträge sind regelmäßig aufzuheben und abzuwickeln.

Bei Fragen des Zugewinnausgleichs und der Vermögensauseinandersetzung anlässlich der Scheidung berät Sie Herr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Rolf Schwarz.

Elterngeld!

nicht nur das Grundgehalt zählt!

Nach § 2 Abs. 1 BEEG wird Elterngeld – bis zum Höchstbetrag von 1.800,00 € – in Höhe von 67% des Einkommens gewährt, das der Berechtigte vor der Geburt des Kindes aus Erwerbstätigkeit erzielt hat. Bei der Berechnung sind dabei nicht nur Grundgehälter in Ansatz zu bringen, sondern auch sonstige wiederkehrende, regelmäßige Leistungen des Arbeitgebers. Hierunter fallen z.B. neben der Vergütung für Überstunden auch Zuschläge und geldwerte Vorteile wie die Überlassung eines Dienstfahrzeugs zur auch privaten Nutzung. Einmalige Zuwendungen im Arbeitsjahr wie Weihnachtsgelder, sonstige Gratifikationen bleiben dagegen unberücksichtigt. Nach der Intention des Gesetzgebers soll jeder betreuende Elternteil einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen, die er mit der Unterbrechung seiner Erwerbstätigkeit zur Kindesbetreuung hinnimmt, erhalten. Dabei prägen einmalige Zahlungen des Arbeitgebers das Einkommen nicht so wesentlich, wie fortlaufend oder wiederkehrend im Jahr geleistete Beträge.

Nach einer aktuellen Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2016 fallen unter wiederkehrende und damit anzusetzende Einkommensbestandteilen auch Provisionen, die der Arbeitnehmer im Verlauf eines Jahres neben seinem Grundgehalt erhält. Dies jedenfalls dann, wenn die Provisionen neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr, mehrmals im Jahr nach festgelegten Berechnungsstichtagen gezahlt werden.

Also werfen Sie noch einmal einen Blick in ihren Elterngeldbescheid!

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

Unterhalt

– das ändert sich zum 01.01.2017!

Das Jahr beginnt mit wesentlichen Änderungen im Unterhaltsrecht. Es ändert sich auf ein Neues die Bezugsgröße für die Berechnung von Unterhaltsansprüchen. Die Düsseldorfer Tabelle wird zum 01.01.2017 aktualisiert und wartet nun mit höheren Unterhaltsbeträgen für unterhaltsberechtigte Kinder auf. In der niederigsten Einkommensstufe steigt so der Unterhaltsbedarfsbetrag für Kinder bis zum 5. Lebensjahr um 7 Euro von 335 € auf 342 €, für Kinder vom 6. bis zum 11. Lebensjahr um 9 € von 384 € auf 393 €.
Bei Kindern vom 12. bis zum 17. Lebensjahr wird der Unterhaltsbedarfsbetrag um 10 € von 450 € auf 460 €, bei volljährigen Kindern um 11 € von 516 € auf 527 € angehoben.

Die Beträge für die höheren Einkommensgruppen steigen entsprechend an.

In diesem Zusammenhang machen wir vorsorglich noch einmal darauf aufmerksam, dass sich die Unterhaltshöhe nicht nur bei Anpassungen der Düsseldorfer Tabelle verändert, auch zwischenzeitliche Einkommenssteigerungen des Unterhaltspflichtigen können zu maßgebenden Veränderungen führen. Um solche Veränderungen „nachhalten“ zu können, gibt das Gesetz dem Unterhaltsberechtigten zumindest alle zwei Jahre einen (auch gerichtlich durchsetzbaren) Auskunftsanspruch gegen den Unterhaltsverpflichteten! Auf entsprechende Aufforderung ist der Unterhaltsschuldner verpflichtet, seine Einkommens- und Vermögenssituation offenzulegen und durch geeignete Dokumente zu belegen. Auf Grundlage dieser Auskunft kann der Unterhaltsanspruch geprüft und sodann neu berechnet werden.

Bei Fragen rund um den Unterhalt, insb. bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen, bei der Überprüfung bestehender Unterhaltstitel, der Abänderung von Unterhaltstitel nach Veränderung der Grundlagen für die Unterhaltsberechnung zugunsten des Unterhaltsberechtigten/Unterhaltsverpflichteten steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Rolf Schwarz, Fachanwalt für Familienrecht zur Verfügung.

Videoüberwachung

oder Detektiveinsatz im Arbeitsverhältnis … auch beim Verdacht von schwerwiegenden Verhaltensverstößen des Arbeitnehmers nicht so einfach ….

Nicht nur vor dem Hintergrund terroristischer Anschläge im eigenen Land, muss man sich wohl eingestehen, dass man doch grundsätzlich wissen möchte, was sich hinter dem eigenen Rücken und im unmittelbaren Umfeld tut, um im Fall der Fälle gewappnet zu sein. Dem Bedürfnis nach uneingeschränkter Informationssammlung sind jedoch gesetzliche Grenzen gesetzt. Dies gilt im Allgemeinen wie im Speziellen. So gibt § 32 BDSG die Grenzen für die Erhebung von personenbezogenen Daten im Arbeitsverhältnis vor. Die Vorschrift bestimmt, dass personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden dürfen, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung, für die Durchführung oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Mögliche Daten wären neben dem Namen und der Anschrift des Beschäftigten, dessen Familienstand, Unterhaltspflichten, ein bestehender Grad der Behinderung und die Kontodaten. Informationen zu Vorlieben, Hobbies, zu Freunden und zum außerdienstlichen Verhalten gehören nicht zu den erhebbaren Daten. Einen größeren, jedoch nicht unbeschränkten Zugriff auf die Daten des Mitarbeiters gewährt § 32 BDSG lediglich zur Aufdeckung von Straftaten im Beschäftigungsverhältnis. In diesem Fall dürfen weitere Daten zum Beschäftigten ermittelt und genutzt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Beschäftigte im Arbeitsverhältnis eine Straftat begangen hat. Die Datenermittlung und ihre Nutzung müssen weiter zur Aufdeckung der Straftat erforderlich sein und im Hinblick auf den Anlass nicht mit unverhältnismäßigen Eingriffen in die Rechte und die Sphäre des Arbeitnehmers einhergehen. Betroffen sind im vorstehenden Zusammenhang insb. Fälle der Videoüberwachung von Mitarbeitern oder der Einsatz von Detektiven.

Die Grenzen der Möglichkeiten zur Datenerhebung hat das Landesarbeitsgericht Württemberg (Az. 4 Sa 61/15) im Sommer einem Arbeitgeber aufgezeigt, der einem Mitarbeiter wegen des Verdachts erschlichener Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und der Mitarbeit in einem Konkurrenzunternehmen fristlos gekündigt hatte und vom Mitarbeiter die Erstattung zu Unrecht gezahlter Entgeltfortzahlungen sowie den Ersatz aufgewandter Detektivkosten verlangte. Der betroffene Mitarbeiter war mehr als 37 Jahre in der Firma für Stanzformen, Bandstahlformen tätig. Die Söhne des Beschäftigten betrieben zunächst unter der Anschrift des Mitarbeiters, sodann unter anderer Adresse eine Firma, die zumindest auch Stanzformen anboten. Im Mai 2015 erhielt der Arbeitgeber Kenntnis von einer Werbemail der Söhne seines Mitarbeiters, mit der diese einem seiner Kunden ihre Leistungen – auch unter Hinweis auf die langjährigen Kenntnisse ihres Vaters – anboten. Zum Zeitpunkt der email war der Arbeitnehmer wie auch in den Vormonaten und im Vorjahr arbeitsunfähig erkrankt. Entgeltfortzahlungen des Arbeitgebers erhielt der Mitarbeiter nicht mehr. Entsprechend informiert, beauftragte der Arbeitgeber einen Detektiv, der im Folgenden bei den Söhnen des Arbeitnehmers Stanzformen bestellte. Bei der Abholung der Waren im Betrieb arbeitete der krankgeschriebene Arbeitnehmer dort für den Detektiv erkennbar an einer Stanzform und führte den Detektiv zudem durch die Betriebsräume.

Die danach erklärte fristlose Kündigung hielt das Landesarbeitsgericht entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Arbeitsgerichts für unwirksam. Auf die durch das Detektivbüro ermittelten Daten könne sich der Arbeitgeber im Verfahren nicht berufen, die Daten seien unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 32 BDSG unzulässig erlangt und daher im Verfahren nicht verwertbar. Es läge kein Verdacht einer strafbaren Handlung im Beschäftigungsverhältnis vor, die den Detektiveinsatz hätte rechtfertigen können. Die Tätigkeit für einen Mitbewerber stelle zwar einen schwerwiegenden Verstoß gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen dar, der auch den Ausspruch einer fristlosen Kündigung begründen könnte, jedoch keine Straftat. Da der Mitarbeiter zum Zeitpunkt des Detektiveinsatzes keine Entgeltfortzahlungen mehr erhalten hatte, stelle auch eine womöglich erschlichene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung keinen Betrug zu Lasten des Arbeitgebers dar. Da der Detektiveinsatz unzulässig war, könne der Arbeitgeber auch keine Erstattung der für die Observation aufgewandten Kosten verlangen.

Nach meinem Kenntnisstand ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig. Ob das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung revidiert bleibt abzuwarten. Bei dem geschilderten Sachverhalt dürfte dem juristischen Laien das durch das Landesarbeitsgericht gefundene Ergebnis vielleicht Magenschmerzen bereiten. In jedem Fall zeigt es auf, dass Überwachungen durch den Arbeitgeber, egal ob als Videoüberwachung oder Observationen, immer kritisch hinterfragt werden sollten oder – aus Arbeitgebersicht – mit Bedacht ausgebracht werden müssen.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

Verspätete Lohnzahlung?!

…dann gibt`s nun 40,00 € extra vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer!!!

so zumindest nach – noch nicht rechtskräftiger – Auffassung des Landesarbeitsgerichts Köln (Urteil vom 22.11.2016, Az. 12 Sa 524/16). Grundlage bildet die schon seit einigen Jahren im BGB vorhandene – bislang allerdings nur stiefmütterlich behandelte – Regelung des § 288 Abs. 5 BGB, nach der ein Verbraucher von einem Unternehmer, der sich mit einer von ihm geschuldeten Zahlung in Verzug befindet, einen pauschalen Schadenersatz in Höhe von 40,00 € beanspruchen kann. Die Regelung wurde im Arbeitsrecht bisher weitenteils für unanwendbar erachtet. Hintergrund bildet eine Besonderheit des arbeitsgerichtlichen Verfahrens erster Instanz: Während bei zivilrechtlichen Verfahren die Partei, die das Verfahren verliert, der obsiegenden Partei die von dieser aufgewandten Gerichtskosten und Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten hat, kennt das arbeitsgerichtliche Verfahrensrecht keinen entsprechenden Kostenerstattungsanspruch der obsiegenden Partei. Unabhängig vom Ausgang des gerichtlichen Verfahrens in der ersten Instanz haben die Parteien ihre Rechtsanwaltsgebühren jeweils selbst zu tragen. Es gibt auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die außergerichtliche Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes, § 12a ArbGG. Da § 288 Abs. 5 BGB festschreibt, dass die erwähnte 40,00 € Pauschale auf einen möglichen Anspruch auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten anzurechnen ist, ging man bisher davon aus, dass die Regelung des ArbGG auch der Geltendmachung der Pauschale entgegensteht.

Das LAG Köln hält demgegenüber nun auch die Geltendmachung der 40,00 € bei Lohnforderungen für möglich. Mit der Nichtzahlung des Arbeitsentgeltes zum vereinbarten Leistungszeitpunkt, befindet sich der Arbeitgeber automatisch in Verzug und schuldet neben Verzugszinsen – bei entsprechender Geltendmachung – auch den pauschalen Schadenersatz. Für die Anwendbarkeit der Regelung spricht nach Auffassung des Gerichts auch der gesetzgeberische Zweck der Pauschale zusätzlichen Druck auf den Schuldner auszuüben, um diesen zu pünktlicher und vollständiger Zahlung anzuhalten.

Die Nichtzahlung des Lohns zum vereinbarten Zeitpunkt wird für Arbeitgeber nun womöglich etwas teurer und damit risikoreicher. Ob ein Betrag von 40,00 € tatsächlich geeignet ist, die vielleicht auch anderweitig überlagerte Zahlungsmoral eines Arbeitgebers zu steigern, bleibt abzuwarten.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

ARBEITSRECHT: Urlaub

Weihnachtsgeschenke schon zusammen? Silvesterplanungen angestoßen? Jahresurlaub 2016 gegen Verfall gesichert?

Same procedure as last year. Das Jahresende kommt schneller als erwartet und vor den Feiertagen sollte möglicherweise nochmal aufgeräumt werden – denn mit dem 31.12. endet nicht nur das Jahr, sondern es verfallen mit diesem auch die bis dahin nicht genommenen Urlaubsansprüche für das ablaufende Jahr. Denn: Der Jahresurlaub ist grundsätzlich im Kalenderjahr zu nehmen!!! nur ausnahmsweise ist eine Übertragung des Urlaubs ins nächste Jahr möglich. Gibt es keine vertragliche Abrede, kommt eine Übertragung der „Resturlaubsansprüche“ in das nächste Kalenderjahr, bis zum 31.03. des Folgejahres, nur dann in Betracht, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Die Übertragung setzt allerdings voraus, dass der Arbeitnehmer vorab die Urlaubsgewährung für das Kalenderjahr beantragt hat. Erst in einem zweiten Schritt ist dann zu diskutieren, ob der Urlaub noch im alten oder im nächsten Jahr genommen werden kann oder muss. Die meisten Arbeitnehmer vergessen jedoch den notwendigen vorhergehenden Urlaubsantrag beim Arbeitgeber. Da wird der Aktenberg auf dem eigenen Schreibtisch scharf beäugt und für sich entschieden, dass man gar keine Zeit für den eigentlich verdienten Urlaub hat, laufende Aufträge vorgehen oder das Jahresende für den Betrieb doch am geschäftsreichsten ist – also wird vom Urlaubsantrag Abstand genommen. Das rächt sich im Streitfall. Urlaub ist nur demjenigen zu gewähren, der Urlaubsansprüche vorab geltend macht. Wird nicht rechtzeitig ein Urlaubsantrag gestellt, fallen die noch offenen Urlaubstage schlichtweg weg. Der Arbeitgeber ist ohne jeden Urlaubsantrag nicht verpflichtet, das Zurückstellen der Urlaubsambitionen – vielleicht sogar im wohlverstandenen Interesse des Unternehmens – zu honorieren und Alturlaub entgegen der gesetzlichen Regelung doch noch im neuen Jahr zu gewähren. Ohne ausdrückliche Kommunikation sind noch offene Urlaubstage für das Jahr 2016 am 01.01.2017 wie das vergangene Jahr Geschichte. Und im Rahmen von Trennungsprozessen erinnern sich Arbeitgeber gerne wieder an die gesetzliche Grundbestimmung. Kann der Arbeitnehmer im arbeitsgerichtlichen Verfahren oder bei außergerichtlichen Trennungsgesprächen auf Nachfrage nicht mitteilen, wann man einen konkreten Urlaubsantrag beim Arbeitgeber gestellt hat, besteht auch keine Grundlage für einen Anspruch auf finanzielle Abgeltung der Urlaubstage aus den abgelaufenen Kalenderjahren. Das können durchaus erhebliche Beträge sein, die dem Arbeitnehmer aus falsch verstandener Rücksicht damit verloren gehen.

Bei dieser Gelegenheit: ein gesetzliches Verbot, in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses Urlaub zu beantragen und zu nehmen, gibt es nicht. In den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses besteht nur kein voller Jahresurlaubsanspruch, sondern lediglich ein Teilurlaubsanspruch für jeden vollen (!) Monat, in dem das Arbeitsverhältnis besteht. Um seinem Arbeitgeber, seine volle Leistungsbereitschaft zu demonstrieren, verzichten die meisten Arbeitnehmer allerdings stillschweigend auf die Inanspruchnahme von Urlaub. Auch die hier maßgebenden zumeist „sehr löblichen“ Überlegungen (sich womöglich in der Probezeit von seiner besten Seite zu zeigen), hindern den Verfall von Urlaubstagen zum Jahresende nicht, wenn kein Urlaubsantrag für das Altjahr gestellt wurde. Dem moralischen Dilemma des Arbeitnehmers hilft das Gesetz insoweit, als nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a) BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) ein lediglich bestehender Teilurlaubsanspruch auf Verlangen des Arbeitnehmers in das nächste Kalenderjahr zu übertragen ist.

Also ran an die Resturlaubstage 2016!

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

Sozialrecht – Mobbing …

oder warum es trotz ungekündigtem Arbeitsverhältnis Arbeitslosengeld geben kann?

Arbeitslosengeld soll Arbeitnehmer nach dem Verlust ihres bisherigen Arbeitsplatzes (zumindest für eine begrenzte Zeit) sozial absichern. Anspruch hat grundsätzlich jeder Arbeitnehmer, der nach Erfüllung einer Wartezeit arbeitslos ist und sich persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat. Nach Auffassung des Sozialgerichts Dortmund (Entscheidung vom 07.11.2016, Az. S 31 AL 84/16) setzt Arbeitslosigkeit nicht notwendigerweise die wirksame arbeitsrechtliche Auflösung des bisherigen Arbeitsvertrages voraus. Der angeführten Entscheidung des Sozialgerichts liegt der Fall einer Justizangestellten zugrunde, die sich nach längerer Arbeitsunfähigkeit und erfolgreich durchlaufener Wiedereingliederung weigerte, an ihren ursprünglichen Arbeitsplatz zurückzukehren. Die Klägerin sah sich aufgrund von Mobbings nicht an der Lage, ihren Dienst an ihrer ursprünglichen Dienststelle wieder aufzunehmen. Das Arbeitsverhältnis mit dem Land beendete die Mitarbeiterin gleichwohl – wegen des Fehlens einer Alternative – nicht. Sie bemühte sich vielmehr bei ihrem Dienstherrn vielmehr um eine (letztlich gerichtlich weiterverfolgte) Versetzung an ein anderes Amtsgericht. Während des laufenden Verfahrens wurde die Klägerin ohne Fortzahlung ihrer Bezüge freigestellt. Die Klägerin beantragte hierauf die Zahlung von Arbeitslosengeld. Während die Agentur für Arbeit unter Hinweis auf das ungekündigte Arbeitsverhältnis eine Beschäftigungslosigkeit als notwendige Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld verweigerte, bejahte das Sozialgericht den Arbeitslosengeldanspruch. Nach Auffassung des Sozialgerichts reiche für die Arbeitslosigkeit eine faktische Beschäftigungslosigkeit. Diese Beschäftigungslosigkeit ergäbe sich aus der Weigerung der Klägerin, das Direktionsrecht ihres Dienstherrn anzuerkennen und sich nicht an ihrem ursprünglichen Arbeitsplatz einsetzen zu lassen; damit habe die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis faktisch beendet.

Leider lässt sich der Mitteilung des Gerichts nicht entnehmen, inwieweit der Vorwurf des Mobbings ggfls. auch durch medizinische Unterlagen und Atteste belegt war. Denn die „Eigenkündigung“ (hier wohl die eigenmächtige Beendigung des Beschäftigungsverhältnis) des Arbeitnehmers rechtfertigt regelmäßig die Verhängung einer Sperre beim Bezug von Arbeitslosengeld. Eine Eigenkündigung gefährdet nur dann nicht den uneingeschränkten Bezug von Arbeitslosengeld, wenn die Kündigung durch wichtige Gründe bedingt ist. Als wichtige Gründe kommen auch gesundheitliche Gründe in Betracht, die bloße Behauptung, man wäre Opfer des Mobbings der Kollegen, reicht hierfür grundsätzlich nicht aus.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

Betriebsbedingte Kündigung

……

Betriebe, die regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigen, unterliegen den Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes. Neben der Einhaltung der notwendigen Schriftform (vom Arbeitgeber oder einem ausreichend Bevollmächtigten unterschriebenes Kündigungsschreiben) und der maßgebenden Kündigungsfrist (vertraglich vereinbart, tariflich vorgegeben oder gesetzlich bestimmt) bedürfen Kündigungen in diesen Unternehmen des Vorliegens eines anerkannten Kündigungsgrundes, dessen tatsächliches Vorliegen der Arbeitgeber im Streitfall darlegen und beweisen muss. Neben erheblichen und/oder wiederholten Verstößen gegen arbeitsvertragliche Pflichten (verhaltensbedingte Gründe), dem Wegfall der Möglichkeit, den Anforderungen des Arbeitsplatzes z.B. durch eine Erkrankung, dauerhaft gerecht werden zu können, rechtfertigen dringende betriebliche Erfordernisse die Beendigung des Arbeitsverhältnis. Diese dringenden betrieblichen Bedürfnisse müssen zum (vollständigen) Wegfall des Arbeitsplatzes des jeweils konkret betroffenen Arbeitnehmers führen. Gibt es anderweitige Möglichkeiten, den Arbeitnehmer im Betrieb, ggfls. auch in einer anderen Niederlassung, entsprechend seiner Qualifikation einzusetzen, oder kann man den Arbeitnehmer durch geeignete Fortbildungsmaßnahmen an einem anderen Platz im Betrieb beschäftigen, ist die betriebsbedingte Kündigung unwirksam. Die Beendigungskündigung ist der letzte mögliche Schritt, ggfls. muss das Arbeitsverhältnis durch eine sog. Änderungskündigung angepasst werden, wenn man hierdurch den betrieblichen Erfordernissen gerecht werden kann. Betriebliche Gründe werden nicht lediglich durch „eine finanzielle Schieflage“ oder das allgemeine Interesse des Arbeitgebers, Kosten zu sparen, begründet. Diese mögen den äußeren Anlass für Kündigung bilden, ersetzen jedoch kein Unternehmerkonzept zum Stellenabbau. Bei der Frage, welche Mitarbeiter bei einer betriebsbedingten Kündigung den Arbeitsplatz räumen müssen, kommt es nicht nur auf den bekleideten Arbeitsplatz an, vielmehr muss der Arbeitgeber bei gleich „qualifizierten“ Mitarbeitern mit vergleichbarer Tätigkeit weiteren sozialen Aspekten Rechnung tragen. Hier geht es nicht darum, welche Mitarbeiter in der Gunst des Arbeitgebers steht, vielmehr entscheiden Alter, Unterhaltspflichten, Betriebszugehörigkeit und eine mögliche Behinderung. Je sozial schutzwürdiger ein Mitarbeiter erscheint, desto schwerer ist die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses. Nur in eng begrenzten Fällen kann der Arbeitgeber die Sozialauswahl unter Hinweis auf eine besondere Bedeutung eines anderen Mitarbeiters aushebeln.

Auch wenn ein Betrieb seit Jahren Sparpläne reklamiert, bedeutet dies also keine automatische Rechtfertigung betriebsbedingter Kündigungen. Ob die gebotenen Darlegungen dem Arbeitgeber möglich sind, muss im Einzelnen geprüft werden. Dies insbesondere da den wenigsten Arbeitnehmern ein Blick hinter die Kulissen und die Struktur des Arbeitsplatzabbaus werfen können.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

Arbeitszeugnis

Wir haben schon vor einigen Monaten den Aufbau, den Inhalt und die eigentümlichen Notenstufen des Arbeitszeugnisses diskutiert. Es haben sich – auch der deutschen Sprache zum Trotz – folgende Formulierungen für die dem Schulnotensystem entsprechenden Noten eingebürgert:

„stets zu unserer vollsten Zufriedenheit” = sehr gut;
“zu unserer vollsten Zufriedenheit”/ “stets zu unserer vollen Zufriedenheit” = gut;
“stets zu unserer Zufriedenheit”/”zu unserer vollen Zufriedenheit” = befriedigend;
“zu unserer Zufriedenheit” = ausreichend;
“im großen und ganzen zu unserer Zufriedenheit” = mangelhaft.

Die Rechtsprechung unterstellt, dass jeder Arbeitnehmer grundsätzlich dem Durchschnitt entsprechende Leistungen erbringt, was einer Note im Bereich des „befriedigend“ entspricht. Der Arbeitgeber greift also zunächst nicht fehl, wenn er dem Arbeitnehmer attestiert die ihm übertragenen Aufgaben zu seiner vollen Zufriedenheit erledigt zu haben. Wollen die Parteien von diesem sicherem Pfad nach oben (gut oder besser) oder nach unten abweichen (ausreichend und schlechter) abweichen, wird es kribbelig und dies vor allem zu Lasten des Arbeitnehmers. Dem Arbeitgeber reicht im Zweifel das „Befriedigend“. Meint der Arbeitnehmer allerdings, er hätte nicht nur durchschnittliche Leistungen und Fähigkeiten gezeigt, sondern wesentlich besser abgeschnitten, so hat er im Einzelnen darzulegen und im Streitfall zu beweisen, welche Umstände eine bessere Benotung rechtfertigen. Aber wie belegt man außerhalb von Klausuren mit Musterlösungen, dass man besser als der Durchschnitt war, den Betrieb mit umfassenden Fachwissen bereicherte und besonders engagierten und kompetenten Einsatz außerhalb eingetretener Pfade zeigte? nur selten wird man entsprechend gute Zwischenzeugnisse oder Zwischenbewertungen vorlegen können oder auf Kollegen als Zeugen zurückgreifen können, die den eigenen Vortrag zu Leistungsfähigkeit, Lösungs- und Sozialkompetenzen bestätigen können! es hilft dennoch nichts – das Bundesarbeitsgericht (BAG 9 AZR 584/13) hat erst im letzten Monat nochmals bestätigt, dass Ausgangspunkt im Zeugnisrecht das Befriedigend bleibt! das man in verschiedenen Branchen regelmäßig auf gute oder sehr gute Zeugnisse trifft, hilft nach Ansicht des BAG nicht weiter und führt zu keiner Abkehr von den vorstehenden Grundsätzen. Ebensowenig bringt der Hinweis weiter, dass Zeugnisse wohlwollend zu erteilen sind. Auch dies unterstreicht das BAG nochmals – Ein Zeugnis muss nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein.

Streitigkeiten um das Zeugnis sind ärgerlich! beugen Sie vor! am Besten regelt man die Zeugnisfrage zusammen mit allen anderen Fragen rund um das Ende des Arbeitsverhältnisses. Suchen Sie das Gespräch! viele Arbeitgeber sind bei der Zeugniserteilung unsicher oder scheuen die damit verbundene Arbeit, sind also durchaus dankbar, wenn man vorschlägt, einen Zeugnisentwurf vorzulegen, der dann übernommen wird.

Bei der Überprüfung und Erstellung von Zeugnissen sind wir gerne behilflich!!!

Dr. Elke Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Verkehrsrecht